Zwangssterilisation

Zwangssterilisation
Zwạngs|ste|ri|li|sa|ti|on, die:
das Zwangssterilisieren; das Zwangssterilisiertwerden:
die Opfer der Z. der NS-Zeit.

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Zwangs|sterilisation,
 
die Unfruchtbarmachung ohne Einwilligung des Betroffenen. Erbhygienisch motivierte Zwangssterilisationen, v. a. von Behinderten und Kriminellen, wurden schon im 1. Drittel des 20. Jahrhunderts praktiziert; so waren sie u. a. seit 1905 beziehungsweise 1920 in einigen Staaten der USA, seit Ende der 20er-Jahre, Anfang der 30er-Jahre in skandinavischen Ländern sowie in der Schweiz (Kanton Waadt) gesetzlich zugelassen.
 
Im nationalsozialistischen Deutschland wurde die - gelegentlich schon vor 1933 vorgenommene - zwangsweise Sterilisation und Kastration durch das »Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses« vom 14. 7. 1933 legalisiert und in verbrecherischem Maß praktiziert; bis 1945 wurden etwa 400 000 Personen zwangssterilisiert (v. a. Psychiatriepatienten, Behinderte, »Asoziale«, Nichtsesshafte wie Zigeuner; Eugenik). Der Deutsche Bundestag beschloss 1988, den Opfern der Zwangssterilisation - neben den laufenden Leistungen im Bedarfsfall - eine einmalige Entschädigung von 5 000 DM für das erlittene Unrecht zuzubilligen. Das nationalsozialistische »Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses« wurde, soweit es als Bundesrecht fortgalt, endgültig durch das 5. Strafrechtsreformgesetz vom 18. 6. 1974 aufgehoben. Zwangssterilisationen sind in der Bundesrepublik Deutschland seitdem generell verboten. Durch Gesetz vom 25. 8. 1998 wurden die eine Unfruchtbarmachung anordnenden und noch rechtskräftigen Beschlüsse der ehemaligen Erbgesundheitsgerichte aufgehoben.
 
Sterilisationen von Personen, die unter Betreuung stehen (besonders Behinderte), sind nach § 1905 BGB, der durch das Betreuungsgesetz vom 12. 9. 1990 neu gefasst wurde, nur unter ganz strengen Voraussetzungen zulässig. Es muss u. a. anzunehmen sein, dass es ohne die Sterilisation zu einer Schwangerschaft kommen würde, die nicht durch andere zumutbare Mittel verhindert werden kann, und infolge dieser Schwangerschaft muss eine Lebens- oder schwerwiegende Gesundheitsgefahr für die Schwangere zu erwarten sein. Die Einwilligung des Betreuers zu der Sterilisation des/der Betreuten bedarf der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts.
 
Zwangssterilisation gab es noch bis Ende des 20. Jahrhunderts in einigen Ländern (z. B. in Skandinavien bis Ende der 60er-Jahre, in Japan legal bis 1996).

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Zwạngs|ste|ri|li|sa|ti|on, die: das Zwangssterilisieren, Zwangssterilisiertwerden: Neben dem unübersehbar großen Heer der Toten erhebt sich ein Gebirge menschlichen Leidens ... Leid durch unmenschliche Z. (R. v. Weizsäcker, Deutschland 16).

Universal-Lexikon. 2012.

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